Gemeinsam durch die Corona-Krise

07.05.2020

Im Meckenheimer Rathaus arbeitet seit Anfang März ein Krisenstab unter Leitung des Ersten Beigeordneten Holger Jung.

 

Gemeinsam durch die Corona-Krise
Fragen an den Ersten Beigeordneten Holger Jung, Leiter des „Stabes Außergewöhnliche Ereignisse“ der Stadtverwaltung Meckenheim. Der Stab koordiniert seit Anfang März alle Themen rund um „Corona“ und steuert unsere Stadt durch die Krise.


Herr Jung, welche Themen hat der Krisenstab als erstes angepackt?

Schon kurz nach Karneval und zwei Wochen vor dem „Lockdown“ haben wir die Arbeit aufgenommen, weil die Fallzahlen stiegen. Wir haben uns intensiv mit den Aufgaben des Ordnungsamtes nach dem Infektionsschutzgesetz befasst und uns auf die Maßnahmen von Bund und Ländern eingestellt, die wir als Kommune umsetzen sollten. Parallel dazu wurde die Verwaltung umorganisiert und der Krisenstab mit Geschäftsstelle eingerichtet. Außerdem haben wir einen Schichtbetrieb im Rathaus installiert.
Als die ersten Fälle in Meckenheim diagnostiziert wurden, waren wir vorbereitet. Unsere Aufgabe war und ist es, in enger Abstimmung mit dem Kreisgesundheitsamt den Betroffenen die Quarantäneverfügungen zuzustellen, um die Infektionsketten so schnell wie möglich zu unterbrechen. Besonders wichtig war uns natürlich auch, die Versorgung der betroffenen Menschen – so sie denn keine Unterstützung aus Familie oder Nachbarschaft haben – sicherzustellen.
Ich stehe auch im ständigen Kontakt mit der Wehrleitung unserer Freiwilligen Feuerwehr, der Polizei, mit den KiTa- und den Schulleitungen und unseren Heimleitungen der Senioreneinrichtungen vor Ort. Für die Schulen und die Kitas haben wir die Voraussetzungen für die Notbetreuung geschaffen.

Außerdem mussten wir die sogenannten „Allgemeinverfügungen“, das heißt für alle Menschen in Meckenheim geltende Regelungen zur Reduzierung persönlicher Kontakte, erlassen. Nachdem nun für Nordrhein-Westfalen einheitliche Rechtsverordnungen gelten, ist es unsere Aufgabe, mit dem städtischen Ordnungsaußendienst die teilweise sehr weitgehenden Eingriffe in das öffentliche und private Leben zu kontrollieren. Notfalls müssen wir leider auch mit Bußgeldern sanktionieren

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in dieser Situation?

Eine Pandemie in dieser Form haben die Menschen noch nicht erlebt. Für die Bewältigung dieser immensen Herausforderung gibt es keinen Plan, der in der Schublade liegt. Teilweise sind die Bürgerinnen und Bürger sehr verunsichert, und das wird sicher noch eine Weile so bleiben. Wir sehen jeden Tag, wie die Politik um Lösungen ringt und sich im Spannungsfeld zwischen den teilweise massiv eingeschränkten Freiheitsrechten einerseits und dem Schutz von Leib und Leben auf der anderen Seite bewegen muss. Die aktuell niedrigen Fallzahlen in Meckenheim sind trügerisch. Jeder muss auch in den kommenden Wochen mit seinem Verhalten dazu beitragen, dass die Situation in Meckenheim und anderswo so bleibt.

Den Spagat zwischen weiteren Lockerungen für das öffentliche und private Leben der Menschen in unserer Stadt und einem wirksamen Infektionsschutz zu schaffen – das ist sicher die größte Herausforderung.

Wie steht Meckenheim derzeit da?

In der Momentaufnahme stehen wir wirklich gut da. Die Fallzahlen der aktuell Infizierten sind niedrig. Die Menschen in Meckenheim verhalten sich überwiegend sehr diszipliniert. Das gilt auch bei der Einhaltung der Maskenpflicht zum Beispiel beim Einkaufen oder in Bussen und Bahnen. Hier gebührt mein Dank allen Meckenheimerinnen und Meckenheimern, die mit ihrem solidarischen Verhalten zeigen, dass man in dieser Ausnahmesituation in der Stadt zusammenhält.

Der Austausch mit den Gewerbetreibenden in Meckenheim ist vorbildlich; hier begegnen wir uns zwischen den Geschäftsinhabern und der Stadt in einem partnerschaftlichen Miteinander und beraten zum Beispiel, welche Vorkehrungen in Ladenlokalen und Betrieben nötig sind. Die Gastronomie hatte bislang sehr zu leiden; erfreulicherweise wurden die veränderten Geschäftsmodelle und der Liefer- und Holservice in der Stadt recht gut angenommen. Ich freue mich, dass durch die aktuellen Entscheidungen auch für unsere Gastronomiebetriebe nun hoffentlich eine verlässliche Perspektive zur Öffnung aufgezeigt wird.

Die Bürgerinnen und Bürger leben in einer Ausnahmesituation. Welche Reaktionen kommen bei Ihnen an?

Die Rückmeldungen der Menschen in Meckenheim sind geprägt von einer Mischung aus Gelassenheit, Verunsicherung, aber auch Zuversicht. Die Bürgerinnen und Bürger wissen, worum es geht und haben größtenteils Verständnis für die beschlossenen Maßnahmen. Natürlich bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel, aber die Anzahl der verhängten Bußgelder ist wirklich überschaubar.

Wie haben Sie sich in der Kürze der Zeit in den Umgang mit der Pandemie eingearbeitet und wie gehen Sie mit den neuen Herausforderungen um?

Wie heißt es so schön: „Man wächst mit seinen Aufgaben“. Der Versuch, eine Pandemie zu beherrschen, ist in der Tat eine Aufgabe, die noch nicht dagewesen ist. Besondere und nicht geplante Herausforderungen hat es in meinen zwanzig Berufsjahren in der Kommunalverwaltung immer wieder gegeben. Die Bewältigung des Flüchtlingszustroms 2015 und 2016 war ebenfalls eine außergewöhnliche Lage und auf ihrem Höhepunkt sicher auch eine Krise. Aber die Corona-Situation ist anders. Man kann zwar Pandemiepläne in der Theorie entwickeln, aber die Praxis stellt ständig alles auf den Kopf. Ich lerne dabei jeden Tag hinzu, und manchmal muss man Entscheidungen auch aus dem Bauch heraus treffen, weil es die Zeit erfordert oder es vorher keine vergleichbare Situation gab. Hierbei helfen mir auch meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Kolleginnen und Kollegen im Stab, die über den Tellerrand blicken und mit gesundem Menschenverstand die Aufgaben zuverlässig erledigen. Meinen Kolleginnen und Kollegen in der Stabsarbeit und in der Verwaltung insgesamt und insbesondere meinem Ordnungsamt möchte ich hier herzlich danken, denn die Bewältigung der Lage ist nur mit vereinten Kräften möglich.

Auf wessen Rat können Sie in dieser Lage nicht verzichten?

Natürlich stimme ich mich in der Verwaltung eng mit unserem Bürgermeister Bert Spilles und dem Technischen Beigeordneten Heinz-Peter Witt ab. Ich höre mir aber auch gerne die Meinung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder von Freunden und Bekannten außerhalb der Verwaltung an, die teilweise aus einer ganz anderen Perspektive auf die Dinge schauen können und so wertvolle Hinweise geben. Außerdem ist mir meine Familie ein wichtiger Ratgeber, um nicht „betriebsblind“ zu werden.

Was werden Sie mitnehmen für Ihr weiteres Leben?

Noch ist es zu früh, um ein Fazit zu ziehen, denn wir stecken noch mittendrin in der Corona-Krise. Ich nehme wahr, dass sich die Prioritäten sowohl dienstlich als auch privat notgedrungen deutlich verschieben und das auch nicht nur zum Negativen. Als Beispiel nenne ich den „digitalen Sprung“ in der Verwaltung; mit dem Thema Homeoffice haben wir in sechs Wochen vier Entwicklungsschritte gleichzeitig genommen und Heimarbeitsplätze verknüpft. Darauf können wir bei der Weiterentwicklung der Verwaltung aufbauen. Darüber hinaus sehe ich aber auch die Verlässlichkeit der Kolleginnen und Kollegen, die im aktuellen Ausnahmezustand zusammenstehen und sich den schlagartig veränderten Prioritäten unterordnen. Diese Solidarität untereinander ist beeindruckend.
Fürs Privatleben nehme ich mit, dass die persönlichen Kontakte und vermeintlich normalen Dinge des täglichen Lebens eben doch keine Selbstverständlichkeit sind und ich in Zukunft bewusster damit umgehen möchte.

Wie sieht jetzt Ihr Familienalltag aus?

Der Familienalltag ist natürlich auch von Corona geprägt. Der erhöhte Abstimmungsbedarf im Stab an den Wochenenden ist dazugekommen. Meine Frau Christiane und ich haben in den letzten Wochen auch Erfahrungen mit dem Thema Homeoffice gemacht. Gleiches gilt für unsere Tochter Carlotta, die im Homeschooling lernt. Das will organisiert werden. Die Großeltern leiden – so wie wir auch – besonders unter der persönlichen Kontaktsperre, aber wir müssen natürlich mit den gleichen Beschränkungen leben wie alle anderen auch. Hier ist Kreativität gefordert, um soziale Kontakte zu pflegen. So treffe ich mich auch schon mal an den Wochenenden mit meinen Freunden bei einem Bierchen zu einer Videokonferenz. Ansonsten lernen wir den eigenen Garten und unsere wunderschöne Region noch mehr schätzen. Wir gehen viel spazieren oder fahren mit dem Rad. Insgesamt stellen wir aber immer wieder fest, dass es uns mit Blick auf die Situation anderer Menschen – ob nun direkt vor unserer Haustür oder auch in anderen Ländern – immer noch sehr gut geht.


Der „Stab außergewöhnliche Ereignisse“
• Leitung: Erster Beigeordneter
• Bürgermeister
• Fachbereichsleitung Ordnungsverwaltung
• Fachbereichsleitung Personal
• Fachbereichsleitung Kommunikation/Organisation
bei Bedarf:
• weitere Fachbereiche (z. B. Schulverwaltung oder Jugendhilfe)

Der Stab tagt in der Regel zweimal pro Woche und wird darüber hinaus bei Bedarf auch kurzfristig und am Wochenende im Rathaus einberufen, teils über Videokonferenz.