AUF EIN WORT+++SERAP GÜLER+++STAATSSEKRETÄRIN FÜR INTEGRATION

01.11.2018

Am 8. November wird SERAP GÜLER Gast beim Stadtverband der CDU Meckenheim sein. In Vorbereitung des Besuchs gab uns SERAP GÜLER ein Interview

Am 8. November wird SERAP GÜLER Gast beim Stadtverband der CDU Meckenheim sein. In Vorbereitung des Besuchs gab uns SERAP GÜLER ein Interview
CDU MECKENHEIM: Bei uns in NRW haben wir die höchste Dichte an Menschen mit Migrationsgeschichte. Da sind wir in Deutschland Spitzenreiter. Sind wir es auch in Sachen Integration? Ist da Meckenheim eine „Insel der Glückseligen“? Wo und bei welchen Sachverhalten müssen wir nachholen?
SERAP GÜLER: Spitzenreiter sind wir sicher noch nicht. Aber deutlich aufgeholt haben wir in jedem Fall. Natürlich haben wir durch die Vielzahl von Menschen mit Migrationsgeschichte einen Nachteil gegenüber anderen Flächenländern. In NRW hat jeder Vierte unserer Einwohner eine Migrationsgeschichte. Bei den Kindern im Vorschulalter sind es über 40 Prozent. Bei den Menschen im Rentenalter dagegen nur 13 Prozent.
Schwerpunkt sind die Industriestandorte. Ein Beispiel, in Leverkusen beträgt der Anteil der Menschen mit einer ausländischen Abstammung fast 40 Prozent. Deshalb brauchen wir sowohl bei der Qualität als auch bei der Quantität besondere Anstrengungen. Als Beispiel möchte ich die Bildung nennen. Nur mit dem Dreiklang Elternhaus, Schule und gesellschaftlichem Umfeld der Schüler mit ausländischen Wurzeln wird es uns gelingen, den Anteil der Schüler mit Hochschulreife im Vergleich zu den deutschstämmigen Schülern weiter zu erhöhen. Leider ist es so, dass bei den deutschstämmigen Schülern ca. vierzig Prozent die Hochschulreife schaffen, während es bei den Schülern mit Migrationsgeschichte nur etwas mehr als zwanzig Prozent sind. Aber das ist ein Prozess, da stehen wir noch am Anfang.
Dennoch und das ist das erfreuliche, viele Kommunen leisten da auf örtlicher Ebene mit vielen Initiativen vorbildliches. Meckenheim ist solch eine Stadt. Mit der Initiative MeGA zwischen örtlichen Unternehmen, der Stadt und der Schule, sichern Sie jedem Hauptschüler einen Ausbildungsplatz. Davon profitieren natürlich besonders die Schüler mit ausländischen Wurzeln. Große Klasse!
CDU MECKENHEIM: Wie ist die Situation bei den Flüchtlingen? Manche Kommunen haben sich in der Vergangenheit alleingelassen gefühlt. Wie schätzen Sie die Situation heute ein?
SERAP GÜLER: Dank verschiedener Initiativen konnten wir die Situation bei den Kommunen in finanzieller Hinsicht entspannen. Sicher kam uns da auch der Rückgang der Zahl der Flüchtlinge zugute. Aber die finanzielle Seite ist ja nur ein Aspekt. Ansonsten müssen wir differenzieren. Über Flüchtlinge mit einem Asyl- oder Aufenthaltsanspruch nach der Flüchtlingskonvention müssen wir nicht reden. Hier kommen verbriefte Rechte zum Tragen. Diese Menschen müssen wir so schnell wie möglich integrieren. Wobei Integration kein „Rosinen picken“ ist. Ich erwarte von den geflüchteten Menschen sich auch in unsere Gesellschaft und in unsere kulturellen Gegebenheiten zu integrieren. Keiner soll seine Religion aufgeben, niemand seine kulturelle Herkunft verleugnen müssen, aber Respekt und Achtung vor unseren Gegebenheiten und vor allem vor unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung können wir sehr wohl erwarten.
CDU MECKENHEIM: Die Einweihung der Zentralmoschee in Köln durch den türkischen Präsidenten empfanden viele Menschen als Rückschlag all derer, die sich um Integration bemühen. Warum jubelten tausende Menschen mit einem türkischen Hintergrund Erdogan zu. Was läuft da falsch?
SERAP GÜLER: Das ist ein vielschichtiges Thema. Ein Punkt ist sicherlich, dass sich viele dieser Menschen ausgegrenzt fühlen. Ob zu recht oder unrecht will ich an dieser Stelle gar nicht beurteilen. Aber genau da setzt Erdogan an. Er schürt mit seinen Reden diese Abgrenzung. Er gibt ihnen das Gefühl von Geborgenheit und Heimat. Viele dieser Menschen glauben ja auch wirklich, dass die Türkei ein Rechtsstaat sei. Sie sind in gewisser Weise Opfer dieser Politik. Die Opposition ist nahezu aus- und die Medien gleichgeschaltet. In den Wohnzimmern dieser Menschen dominiert türkisches Fernsehen. Ja und oft stehen diese Menschen auch unter Druck anderer Familien. Deshalb müssen wir gegenseitig aufeinander zugehen. Ängste und Hemmungen überwinden. Kontakte pflegen, über das Arbeitsleben hinaus, im Sport und im privaten Bereich. Wir haben ein Wahrnehmungsproblem, über die Mehrzahl der türkischstämmigen Mitbürger, die vorbildlich integriert sind, deren Herkunft man vielleicht nur noch am Namen erkennt, redet doch kaum jemand, weil sie völlig problemlos unter uns leben. Das muss unser Ziel sein. Ich bin überzeugt, es kann gelingen.
CDU MECKENHEIM: Was erwarten Sie von Ihrem bevorstehenden Besuch bei uns in Meckenheim?
Nun, zum einen interessieren mich die Dinge, die den Meckenheimern in Sachen Migration und Integration „unter den Nägeln brennen“. Aber natürlich bin ich auch immer offen für Anregungen und Vorschläge. Wie haben Sie es als Stadtverband gemeinsam mit der Kommune geschafft, da zu sein, wo Sie jetzt sind.
Ach ja und auf die Äpfel aus der Apfelstadt Meckenheim freue ich mich natürlich besonders.